Pressestimmen
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Metropolis und das Orchester Franz'L. aus Weimar in den Schlosslichtspielen
August 2010"Metropolis": Die mächtigen Filmbilder in Schwarzweiß begleitete das Weimarer Orchester Franz'L. kongenial. Foto: Draminski
Überwältigende Bilderflut punktgenau illustriertRekonstruierte Fassung aus in Argentinien gefundenem Filmmaterial – Leitmotivisch angelegte UnterhaltungsmusikANSBACH. Dieser Film ist ein Phänomen: 83 Jahre nach seiner Entstehung zieht Fritz Langs Science-Fiction-Sozialparabel „Metropolis“ immer noch Massen von Menschen in die Kinos. Beim Ansbacher Sommernachtskino war der Streifen aus dem Jahr 1927, vom Weimarer Orchester Franz’L. begleitet, ein unbestreitbarer Höhepunkt. Und das, obwohl man am Freitagabend wetterbedingt in die Schlosslichtspiele respektive das Theater umziehen musste. Zugkraft hatte wohl nicht zuletzt die Tatsache, dass bislang nur wenige Cineasten diese nun in Ansbach gezeigte, um rund eine halbe Stunde ergänzte „Metropolis“-Fassung gesehen haben: Uraufgeführt wurde die aus in Argentinien gefundenem Filmmaterial rekonstruierte Version erst im Februar dieses Jahres. Hintergrund: Nachdem Langs Werk bei seiner Premiere gnadenlos durchfiel, kürzte es der Regisseur um gut eine halbe Stunde und brachte diese Schnittfassung einige Monate später mit mehr Erfolg wieder auf die Leinwand. Eine Kopie der Originalfassung wurde von einem argentinischen Filmverleiher gekauft und eingesetzt, ein Umschnitt überdauerte in einem Museum die Jahre.Stummer GeniestreichAuch in musikalischer Hinsicht musste „ Metropolis“ einiges über sich ergehen lassen. Jede Generation von Filmfreunden „ erfand“ den stummen Geniestreich mit zeitgemäßer Musik neu, im Gedächtnis geblieben sind die kolorierte Rock-Version aus den 1980er Jahren und die erst kürzlich von einem Fürther Neutöner zur Diskussion gestellte Partitur, die fast nur mit Geräuschen arbeitet. Das Orchester Franz'L. mit dem spanischen Gastdirigenten Joan Pages hält es analog zur restaurierten Filmvorlage mit der Originalpartitur von „Metropolis“, die 1927 von Gottfried Huppertz und Berndt Heller geschrieben wurde: ein leitmotivisch angelegtes Stück Unterhaltungsmusik, das ambitioniert und präzise umgesetzt wird – und gerade deshalb nicht nur seine Stärken, sondern auch seine Schwächen schnell offenbart.Über weite Strecken nur „netter“ SoundtrackDenn mit der auch nach über acht Jahrzehnten überwältigenden Macht der Filmbilder kann dieser über weite Strecken nur „ nette“ Soundtrack nicht mithalten. Wenn der junge Oberklasse-Spross Freder (Gustav Fröhlich) erstmals den Friedensengel Maria (Brigitte Helm) aus der Arbeiterklasse trifft und sich spontan verliebt, fehlt es an Romantik. Der „neue Turm zu Babel“, in dem Freders Vater Joh Fredersen (Alfred Abel) als gnadenloser Autokrat regiert, entbehrt des majestätischen Aplombs und die dramatischen Zuspitzungen gegen Schluss des Films, wenn die Arbeiterstadt in gigantischen Wasserfluten versinkt, wirken in der originalen Musik doch recht harmlos. Hier ist der heutige Hörer nicht zuletzt durch den Konsum spektakulärer Hollywood-Mainstreamprodukte längst auf ein anderes filmmusikästhetisches Ideal eingeschworen. Dies schmälert allerdings nicht die Leistung des Orchesters, das Fritz Langs expressionistische Bilderfluten kongenial und punktgenau illustriert und dafür herzlichen Applaus bekommt.Quelle: Hans von Draminski